Es ist ja keine Überraschung mehr, dass ich ein großer Burda-Fan bin. Mit der Carina habe ich das Nähen gelernt, bei Burdaschnitten weiß ich aus jahrelanger Erfahrung, was ich abändern muss, damit die Sachen passen.
Letzte Woche habe ich dann nach einer Kleinanzeige im hiesigen Wochenblatt ein paar ältere Exemplare bei verschiedenen sehr netten Damen abholen können. Mit dem festen Vorsatz, mal richtige 60´s-Schnitte zu verarbeiten.
Zuerst bin ich über die Sprache gestolpert: Schneidern statt nähen, Mannequin statt Model. Nett :)
Ob die Frauen früher andere Maße hatten kann ich nicht beurteilen, aber sie haben sich diese Maße gemacht. In fast jeder Burda gibt es ganz selbstverständlich Strecken und Werbung mit figurformender Unterwäsche. Das "Untendrunter" mit Miederbodys, Unterkleidern und schrecklich spitzen BHs war sehr wichtig für die propagierte Silhouette.
Das Kleid ist prima, aber der Brustpunkt sitzt wahrscheinlich 4 cm höher als bei einem vergleichbaren heutigen Modell. Klar kann man das anpassen, aber dann muss auch die gesamte obere Linie geändert werden. Schade, denn das Kleid ist sehr sehr schön.
Hier nochmal ganz deutlich:Die Burdaschnitte in den alten Zeitungen sind keine Mehrgrößenschnitte, jedes Modell war in der Regel in einer Größe auf dem Schnittbogen. Die Tochter hat herausgesucht, wo die Größenschwerpunkte lagen:
Die meisten Schnitte gab es zum Glück in 42 oder 44, das ist auch die Größe, nach der ich für meine Projekte geguckt habe.
Ich will diese beiden Kleider. Und die Schuhe.
Überhaupt entsprechen die Schuhe der späten 60er meinem Ideal. Kräftige Farben, nicht allzu spitze Kuppen und Riemchen in allen Varianten:
Und für Monika, die Strickkönigin- es gab auch Handarbeitsstrecken:
Ah ja: Es gab in den Zeitungen fast keine Hosen.
Aber eine Menge Haushaltstipps waren in der Burda:
Die ambitionierte Hausfrau kocht Aal in Biersoße ( "vom Fischhändler bereits getötet, abgezogen und ausgenommen") und wäscht sich einmal wöchetlich die Haare (" Häufigeres Waschen jedoch schadet") und verwendet statt dessen Trockenshampoo.
Oder trägt überhaupt eine Perücke oder zumindest ein Haarteil.
(Ich kann mich auch noch an einen Styroporkopf mit einer Perücke auf der Frisierkomode meiner Mutter erinnern- das war damals echt gängig! )
Ja, das Frauenbild der 50er und 60er. Da wird mir jetzt noch ganz schlecht.
Wer mal zwei Kostproben der stockspießbürgerlichen Moral haben möchte kann jetzt zum Abschluss die beiden Texte durch Draufklicken vergrößern.
Mein Lieblingssatz: " Reißen sie sich zusammen."